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Die „schwarze Legende“ um Pius XII (Teil 2)

12/01/2010

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Es ist nicht richtig zu sagen oder zu schreiben Pius XII habe nichts getan, um die Deportation der Juden aus Rom zu verhindern. Ein Rundschreiben vom 25. Oktober 1943 hebt die Klausur der Mönchsklöster auf und schreibt die Aufnahme und den Schutz der Juden in den Nonnenklöstern vor. Laut Zeugenaussage des Oberrabbiners von Rom, Israël Zolli, hat dies die jüdische Gemeinschaft Roms gerettet. Der selbe Oberrabbiner Zolli liess sich am 13. Februar 1945 taufen und wählte zur Würdigung Pius XII dessen Vornahmen Eugenio. Ein weiterer Zeuge ist der Oberrabbiner Elio Toaff, der Papst Johannes Paul II in der römischen Synagoge am 13. April 1986 empfangen hat.

Papst Pius XII

Es ist nicht richtig zu sagen oder zu schreiben alle Juden seien gegen Pius XII. Die jüdische Gemeinschaft ist hinsichtlich dieses Themas gespalten:

– die Zeitgenossen von Pius XII haben seinen Einsatz anerkannt, sowohl am Ende des Krieges 1945 als auch anlässlich seines Todes. Siehe die Würdigung durch die ehemalige israelische Ministerpräsidentin Golda Meir.

– die folgende Generation von jüngeren Politikern, die bei der Gründung des Staates Israels mit aktiv waren, hat Pius XII niemals seine beiden Stellungnahmen von 1948 verziehen, in denen er angesichts der zionistischen Ideologie Respekt und Gleichheit zwischen den Völkern forderte. Die in Yad Washem/ Jerusalem angebrachten Schilder über die Katholische Kirche bezeugen diese Ideologie.

– schliesslich arbeitet seit 2001 eine Arbeitsgemeinschaft daran, dass die Juden den Einsatz von Pius XII anerkennen. Siehe die Erklärung des Oberrabbiners von New York David Dalin vom 21. Juni 2007, in der er wünscht, dass Pius XII mit dem Titel „Gerechter unter den Nationen“ ausgezeichnet wird.

Es ist nicht richtig zu sagen oder zu schreiben, dass die Abwesenheit von Handlungen von Pius XII historisch erwiesen sei. Genau das Gegenteil davon ist wahr. Laut Aussage des früheren Generals und KGB-Leiters Ion Pacepa im Januar 2007 wurde die schwarze Legende über Pius XII mithilfe der folgenden zwei Agenten auf Anordnung hin frei erfunden:

–  Rolf Hochhuth und sein Theaterstück „Der Stellvertreter“ von 1963, wiederaufbereitet im Jahr 2002 von Costa Gravas in dem Film „Amen“,

– Saul Friedländer und seine Akte „Pius XII und das Dritte Reich“ von 1964, letztens neuaufgelegt,

und dies mit der festen Absicht, den Einfluss des Papstes in Osteuropa, das bekanntlich bis 1989 unter sowjetischer Vorherrschaft stand, zu stoppen. Als Nuntius in Berlin hatte der spätere Pius XII 1919 den Versuch einer marxistischen Revolution miterlebt und seine anti-kommunistischen Überzeugungen weiter beibehalten.

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Die „schwarze Legende“ um Pius XII (Teil 1)

05/01/2010

von Pastor A. Historiker

Papst Benedikt XVI hat am vergangenen 19. Dezember per Dekret den „heroischen Tugendgrad“ von zehn Getauften bestätigt, darunter Karol Wojtyla – Papst Johannes Paul II von 1978 bis 2005 – und Eugenio Pacelli – Papst Pius XII von 1939 bis 1958. Trotzdem Seligsprechungen eine interne Angelegenheit der Katholischen Kirche sind, hat es nicht an Verlautbarungen und Kommentaren dazu gefehlt. Der vorliegende Text möchte nicht polemisieren, sondern die Auseinandersetzung dokumentieren.

Es ist nicht richtig zu sagen oder zu schreiben Pius XII habe das Verbrechen der Shoah durch die Nazis nicht angeprangert. Die Radiobotschaft von Weihnachten 1942 ist so deutlich, wie es unter den kriegerischen Umständen möglich war und sicherlich mehr als das ohrenbetäubende Stillschweigen der alliierten Führungskräfte zur selben Zeit. Gleiches gilt für die Radiobotschaft zu Pfingsten 1943. Pius XII hat die holländische Erfahrung vom Juli 1942 berücksichtigt: eine öffentliche frontale Anprangerung durch das Episkopat hatte eine systematische Judenvernichtung ausgelöst.

Es ist nicht richtig zu sagen oder zu schreiben Pius XII habe skrupellos den Weg des Schweigens und der Nichteinmischung gewählt. Als vatikanischer Diplomat vor seiner Zeit als Papst hatte der zukünftige Pius XII die prophetischen Appelle von Benedikt XV während des Ersten Weltkrieges (3 bis 6 pro Jahr) und die Verachtung mit der sie aufgenommen wurden (ausser in Österreich-Ungarn zwischen 1916-1918) kennengelernt. Pius XII hat daraufhin einen anderen, diskreteren und diplomatischeren, aber nicht weniger prophetischen Weg gewählt: den der Hilfeleistung für die Verfolgten. War dies die richtige Wahl? Dies ist die Frage, die er sich selbst vor den Kardinälen im Februar 1946 gestellt hat.

 

Nuntius Pacelli 1922 in Bayern

Es ist nicht richtig zu sagen oder zu schreiben Pius XII sei ein mit Hitler befreundeter Papst gewesen oder habe die Naziideologie gutgeheissen. Laut Zeugnis des SS-Generals Karl Wolf hatte Hitler am 25. Juli 1943 einen Plan zur Entfernung Pius XII aus Rom festgelegt. Ziel: „Deportation oder Tod“. Der General berichtete dies dem Papst  als er ihn am 10. Mai 1944 traf. Laut dem Zeugnis seiner Haushälterin, Schwester Pascalina Lehnert, kannte Pius XII dieses Vorhaben bereits und hatte ein Dokument angefertigt, in dem er die Vakanz des Papstsitzes und das Konklave im Falle einer Festnahme organisierte. Er hatte allerdings von seinen Dienstjahren in Deutschland eine grosse Liebe zum deutschen Volk und dessen Kultur bewahrt: germanophil heisst nicht nazistisch.

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