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Die „schwarze Legende“ um Pius XII (Teil 1)

05/01/2010

von Pastor A. Historiker

Papst Benedikt XVI hat am vergangenen 19. Dezember per Dekret den „heroischen Tugendgrad“ von zehn Getauften bestätigt, darunter Karol Wojtyla – Papst Johannes Paul II von 1978 bis 2005 – und Eugenio Pacelli – Papst Pius XII von 1939 bis 1958. Trotzdem Seligsprechungen eine interne Angelegenheit der Katholischen Kirche sind, hat es nicht an Verlautbarungen und Kommentaren dazu gefehlt. Der vorliegende Text möchte nicht polemisieren, sondern die Auseinandersetzung dokumentieren.

Es ist nicht richtig zu sagen oder zu schreiben Pius XII habe das Verbrechen der Shoah durch die Nazis nicht angeprangert. Die Radiobotschaft von Weihnachten 1942 ist so deutlich, wie es unter den kriegerischen Umständen möglich war und sicherlich mehr als das ohrenbetäubende Stillschweigen der alliierten Führungskräfte zur selben Zeit. Gleiches gilt für die Radiobotschaft zu Pfingsten 1943. Pius XII hat die holländische Erfahrung vom Juli 1942 berücksichtigt: eine öffentliche frontale Anprangerung durch das Episkopat hatte eine systematische Judenvernichtung ausgelöst.

Es ist nicht richtig zu sagen oder zu schreiben Pius XII habe skrupellos den Weg des Schweigens und der Nichteinmischung gewählt. Als vatikanischer Diplomat vor seiner Zeit als Papst hatte der zukünftige Pius XII die prophetischen Appelle von Benedikt XV während des Ersten Weltkrieges (3 bis 6 pro Jahr) und die Verachtung mit der sie aufgenommen wurden (ausser in Österreich-Ungarn zwischen 1916-1918) kennengelernt. Pius XII hat daraufhin einen anderen, diskreteren und diplomatischeren, aber nicht weniger prophetischen Weg gewählt: den der Hilfeleistung für die Verfolgten. War dies die richtige Wahl? Dies ist die Frage, die er sich selbst vor den Kardinälen im Februar 1946 gestellt hat.

 

Nuntius Pacelli 1922 in Bayern

Es ist nicht richtig zu sagen oder zu schreiben Pius XII sei ein mit Hitler befreundeter Papst gewesen oder habe die Naziideologie gutgeheissen. Laut Zeugnis des SS-Generals Karl Wolf hatte Hitler am 25. Juli 1943 einen Plan zur Entfernung Pius XII aus Rom festgelegt. Ziel: „Deportation oder Tod“. Der General berichtete dies dem Papst  als er ihn am 10. Mai 1944 traf. Laut dem Zeugnis seiner Haushälterin, Schwester Pascalina Lehnert, kannte Pius XII dieses Vorhaben bereits und hatte ein Dokument angefertigt, in dem er die Vakanz des Papstsitzes und das Konklave im Falle einer Festnahme organisierte. Er hatte allerdings von seinen Dienstjahren in Deutschland eine grosse Liebe zum deutschen Volk und dessen Kultur bewahrt: germanophil heisst nicht nazistisch.

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