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Die Passionszeit des heiligen Joseph

17/03/2010

Maria sagt:

„Auch mein Joseph hatte seine Passionszeit (Matth 1,18-25); sie begann in Jerusalem, als ihm mein Zustand klar wurde. Und sie dauerte tagelang, wie für Jesus und für mich. Und es war kein geringer seelischer Schmerz. Nur wegen der Heiligkeit des Gerechten, meines Bräutigams, verlief sie in einer Weise, die so würdig und geheim war, daß sie im Laufe der Jahrhunderte wenig Beachtung gefunden hat.

Oh! Wie schmerzlich war unsere erste Passionszeit! Wer könnte ihre tiefe, stille Intensität beschreiben! Wer meinen Schmerz, da ich feststellen mußte, daß der Himmel mich noch nicht erhört und mein Geheimnis noch nicht enthüllt hatte; daß Joseph es nicht kannte, sah ich an seinem Verhalten mir gegenüber, das wie üblich war.

Wenn er gewußt hätte, daß ich in mir das Wort Gottes trug, hätte er dieses in meinem Schoß verschlossene Wort mit Akten der Verehrung, wie sie Gott gebühren, angebetet; er hätte sie nicht unterlassen, ebenso wie ich mich nicht geweigert hätte, sie entgegenzunehmen, nicht für mich, sondern für den, den ich in mir trug, so wie die Bundeslade die steinernen Tafeln und die Gefäße mit Manna in sich barg.

Wer kann meinen Kampf gegen die Niedergeschlagenheit beschreiben, die mich überwältigen wollte, um mich zu überzeugen, daß ich vergeblich auf den Herrn gehofft hatte? Oh! Ich glaube, es war die Wut Satans! Ich fühlte, wie der Zweifel hinter meinen Schultern auftauchte und mit seinen kalten langen Krallen meine Seele zu umklammern und zu halten versuchte, um sie vom Gebet fernzuhalten. Zweifel ist gefährlich, ja tödlich für den Geist. Tödlich, weil der Zweifel der erste Ausdruck der tödlichen Krankheit ist, die „Verzweiflung“ heisst. Gegen sie muß der Geist sich mit aller Kraft wehren, um nicht seelisch zugrunde zu gehen und Gott zu verlieren.

Josephs Traum (Gaetano Gandolfi)

Wer kann den Schmerz Josephs wahrheitsgetreu beschreiben, seine Gedanken und die Verwirrung seiner Gefühle? Wie eine kleine, von einem großen Sturm ergriffene Barke befand er sich in einem Wirbel sich widersprechender Gedanken, in einem Netz peinlicher und grausamer Überlegungen, eine schmerzhafter als die andere. Er war ein Mann, der dem Schein nach von seiner Frau verraten worden war. Er sah seinen guten Namen und die Achtung der Welt zusammenbrechen; er stellte sich schon vor, daß man ihretwegen mit Fingern auf ihn zeigen und ihm im ganzen Ort bedauern würde. Er sah seine Liebe und Hochachtung zu mir zu Tode getroffen durch die Offensichtlichkeit der Tatsache.

Seine Heiligkeit erstrahlt hier noch erhabener als die meine. Und ich gebe dies Zeugnis mit meiner Liebe als Frau, weil ich will, daß ihr ihn liebt, meinen Joseph, diesen weisen und klugen, diesen geduldigen und guten Menschen, der vom Geheimnis der Erlösung nicht ausgeschlossen ist, sondern mit ihm aufs innigste verbunden, denn er litt den Schmerz für das Geheimnis und verzehrte sich selbst dafür; er rettete euch den Erlöser durch den Preis seines Opfers und seiner großen Heiligkeit. Wäre er weniger heilig gewesen, so hätte er menschlich gehandelt und mit als Ehebrecherin verklagt, damit ich gesteinigt würde, und die Frucht meiner Sünde mit mir zugrunde ginge. Wäre er weniger heilig gewesen, so hätte ihm Gott das Licht der Erleuchtung in dieser Prüfung nicht geschenkt.

Aber Joseph war heilig. Sein reiner Geist lebte in Gott. Die Liebe in ihm war glühend und stark. Und durch diese Liebe rettete er euch den Erlöser, da er mich nicht bei den Ältesten verklagte; und später ließ er in bereitwilligem Gehorsam alles zurück, um Jesus nach Ägypten zu führen und zu retten. Wenig der Zahl nach, aber furchtbar in der Intensität waren die drei Tage der Passion Josephs, die auch die meine war. Meine erste Passion. Obwohl ich seinen Schmerz kannte, konnte ich ihn in keiner Weise davon befreien aus Gehorsam gegenüber dem Beschluß Gottes, der mir gesagt hatte: „Schweige!“

Und als wir in Nazareth angekommen waren und ich sah, wie er nach einem kurzen Gruß wegging, gebeugt und wie in kurzer Zeit gealtert, und abends nicht mehr zu mir kam, wie es sonst seine Gewohnheit war: Ich sage euch, meine Kinder, mein Herz weinte in heftigem Schmerz. Eingeschlossen in meinem Haus, allein, im Haus wo mich alles an die Verkündigung und Menschwerdung erinnerte – und an Joseph, der in einer unversehrten Jungfräulichkeit mit mir verlobt war, mußte ich der Entmutigung widerstehen, den Einflüsterungen Satans, und hoffen, hoffen und hoffen. Und beten, beten und beten. Und verzeihen, verzeihen und verzeihen, dem Verdacht Josephs, dem Aufwallen seiner scheinbar berechtigten Entrüstung.

Kinder, man muß hoffen, beten und verzeihen, um die Gnade zu erhalten, daß Gott zu unseren Gunsten eingreift. Auch ihr habt eure Passion durchzumachen. Ihr verdient sie wegen eurer Sünden. Ich lehre euch, wie man sie durchsteht und in Freude umwandelt. Hofft ohne Maß! Betet ohne Mißtrauen! Verzeiht, um Verzeihung zu erhalten! Die Vergebung Gottes wird der Friede sein, nach dem ihr strebt, meine Kinder.“

Auszug aus “Der Gottmensch″ (Band I) von Maria Valtorta. Veröffentlicht mit der Genehmigung des Herausgebers Centro Editoriale Valtortiano srl. Isola del Liri (FR), www.mariavaltorta.com, dem die Rechte für die Werke Maria Valtortas gehören. Um die Bücher Maria Valtortas in deutscher Sprache zu erwerben bitte wenden an den Parvis-Verlag, 1648 Hauteville, Schweiz:book@parvis.ch, www.parvis.ch

Maria von Nazareth spricht sich mit Joseph aus