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Das Gesetz Gottes dreht sich ganz und gar um die Liebe: um die Gottes- und die Nächstenliebe

04/11/2012

zum Evangelium vom 4. November 2012: Mk 12,28b-34

21. Oktober [1943]

Jesus sagt:

„(…) Im ersten Gebot gebiete ich euch mit aller Feierlichkeit, die die Würde meiner göttlichen Natur gegenüber eurer Nichtigkeit erfordert, verehrungsvolle Liebe: „Ich bin der Herr, dein Gott“.

Allzu oft vergesst ihr das, o ihr Menschen, die ihr euch Götter glaubt, und wenn der Geist in euch nicht von der Gnade belebt ist, seid ihr doch nichts anderes als Staub und Fäulnis, Lebewesen, die ihrer Tierheit lediglich die Gerissenheit der von dem TIER besessenen Intelligenz beigesellen, die euch tierische Werke, ja, schlimmere als tierische, vollbringen lässt: dämonische.

Sagt euch am Morgen und am Abend, sagt euch am Mittag und zur Mitternacht, sagt euch, wenn ihr esst, wenn ihr trinkt, wenn ihr schlafen geht, wenn ihr erwacht, wenn ihr arbeitet, wenn ihr ruht, sagt euch, wenn ihr liebt, wenn ihr Freundschaften schließt, sagt euch, wenn ihr befehlt und wenn ihr gehorcht, sagt euch immer: „Ich bin nicht Gott. Speise und Trank und Schlaf sind nicht Gott. Die Arbeit, die Ruhe, die Beschäftigungen, die Werke des Genies sind nicht Gott. Die Frau, oder schlimmer: die Frauen sind nicht Gott. Die Freundschaften sind nicht Gott. Die Vorgesetzten sind nicht Gott.

Einer nur ist Gott: Er ist mein Herr, der mir das Leben gegeben hat, damit ich damit das ewige unsterbliche Leben verdiene, der mir Kleider, Speisen, Wohnung gegeben hat, damit ich mir damit den Lebensunterhalt verdiene, die Genialität, damit ich bezeuge, König der Erde zu sein, der mir Liebesfähigkeit gegeben hat und Geschöpfe, die ich ‚in Heiligkeit‘, nicht aber in Begierlichkeit lieben darf, der mir Vollmacht und Autorität verliehen hat, damit ich sie zum Mittel der Heiligung und nicht der Verdammnis mache. Ich darf ihm ähnlich werden, denn Er hat gesagt: ‚Ihr seid Götter‘, freilich nur, wenn ich Sein göttliches Leben, das heißt, Seine Liebe lebe. Einer nur ist Gott: Ich bin Sein Kind und Untergebener, der Erbe Seines Königreiches. Wenn ich jedoch fahnenflüchtig und zum Verräter werde, wenn ich mir ein eigenes Reich schaffe, in dem ich auf menschliche Weise König und Gott sein will, verliere ich das wahre Königreich, und meine Bestimmung des Gotteskindes verfällt und sinkt herab auf die des Satanskindes, da man nicht gleichzeitig dem Egoismus und der Liebe dienen kann, und der, welcher dem Ersteren dient, dem Feind Gottes dient und die göttliche Liebe, das heißt Gott, verliert.“

Entfernt all die falschen Götter aus eurem Sinn und eurem Herzen, die ihr dort inthronisiert habt, angefangen von dem Gott des Schlammes, der ihr selbst seid, wenn ihr nicht in Mir lebt. Bedenkt, was ihr Mir schuldet für all das, was Ich euch gegeben habe – und Ich hätte euch noch mehr gegeben, wenn ihr nicht eurem Gott durch eure Lebensweise die Hände gebunden hättet – für das alltägliche und das ewige Leben. Für dieses hat Gott euch Seinen eigenen Sohn hingegeben, der wie ein fleckenloses Lamm hingeopfert werden und mit Seinem Blut eure Schuld abwaschen sollte und so nicht, wie zu den Zeiten des Mose, die Schuld der Väter bis in die vierte Generation auf die Söhne der Sünder als „die, die Mich hassen“ zurückfalle, denn die Sünde ist Beleidigung Gottes, und wer beleidigt, hasst.

Errichtet keine Altäre für falsche Götter. Stellt auf den lebendigen Altar eures Herzens – und nicht so sehr auf die steinernen Altäre – einzig und allein euren Herrgott. Ihm sollt ihr dienen und Ihm einen wahren Kult der Liebe, der Liebe, nur der Liebe darbringen, ach, ihr Kinder, die ihr nicht zu lieben wisst, die ihr nur und immer nur Lippengebete zu murmeln wisst, bloße Worte, nicht aber eure Liebe zum Gebet macht, zu dem einzigen, das Gott wohlgefällt.

Denkt daran, dass ein wahrer Herzschlag der Liebe, der wie eine Weihrauchwolke aus den Flammen eures in Mich verliebten Herzens aufsteigt, für Mich einen unendlich viel größeren Wert hat als tausend und abertausend Gebete und Zeremonien, die mit lauem oder kaltem Herzen verrichtet werden. Ihr zieht Meine Barmherzigkeit durch eure Liebe auf euch. Wenn ihr wüsstet, wie tätig und groß Meine Barmherzigkeit für den ist, der Mich liebt! Sie ist eine Woge, die über euch hinflutet und jeden Flecken von euch abwäscht. Sie schenkt euch eine schneeweiße Stola, um in die heilige Stadt des Himmels einzutreten, in der die Liebe des Lammes, das sich für euch hingeopfert hat, als Sonne strahlt. (…)“

Auszug aus “Die Hefte 1943″ von Maria Valtorta. Veröffentlicht mit Genehmigung des Herausgebers Centro Editoriale Valtortiano srl. Isola del Liri (FR), www.mariavaltorta.com, dem die Rechte für die Werke Maria Valtortas gehören. Um die Bücher Maria Valtortas in deutscher Sprache zu erwerben bitte wenden an den Parvis-Verlag, 1648 Hauteville, Schweiz: book@parvis.chwww.parvis.ch

Die in die Flammen des Fegefeuers getauchten Seelen leiden einzig und allein aus Liebe

Jesus spricht zu den Aposteln über die verschiedenen Arten der Liebe (2)

23/01/2012

(zurück zu Teil 1)

„… Die Liebe des Menschen, besonders der Frau zum Kind, hat den Ursprung im Befehl Gottes, der zu Adam und Eva sagte, nachdem er sie gesegnet und festgestellt hatte, dass er ‚Gutes getan‘ hatte an seinem fernen sechsten Tage, dem ersten sechsten Tage der Schöpfung: ‚Wachst und mehrt euch und erfüllt die Erde…‘

Ich kenne deine unausgeprochene Entgegnung und antworte dir sofort wie folgt: Da in der Schöpfung vor dem Sündenfall alles durch Liebe geregelt und auf die Liebe gegründet war, wäre diese Vermehrung der Kinder eine heilige, mächtige und vollkommene Liebe gewesen. Und Gott hat sie dem Menschen als erstes Gebot gegeben: ‚Wachst, mehrt euch.‘ Liebt also nach mir eure Söhne! Die Liebe, wie sie heute ist, die jetzige Art, Kinder zu zeugen, gab es damals noch nicht. Der Mann liebte die Frau, und die Frau liebte den Mann auf natürliche Weise, nicht gemäß der Natur, wie ihr Menschen sie versteht, sondern gemäß der Natur der Kinder Gottes, also übernatürlicherweise.

Selige erste Tage der Liebe zwischen den beiden, die Geschwister waren, da sie denselben Vater hatten, und die doch auch Gatten waren und sich in der Liebe wie mit unschuldigen Augen von Zwillingen in der Wiege ansahen. Der Mann empfand väterliche Liebe für die Gefährtin: ‚Bein von seinem Bein und Fleisch von seinem Fleisch‘, so wie es der Sohn von seinem Vater ist; und die Frau kannte die Freude, Tochter zu sein, also beschützt von einer gar hohen Liebe; denn sie spürte, dass sie etwas in sich hatte vom herrlichen Mann, den sie mit Unschuld und engelhafter Leidenschaft in den schönen Gärten Edens liebte!

In der Ordnung der von Gott seinen geliebten Kleinen mit einem Lächeln gegebenen Gebote fügt sich das Gebot hinzu, das Adam, der durch die Gnade mit einer Intelligenz begabt wurde, die nur von der Intelligenz Gottes übertroffen wurde, selbst bestätigte in Bezug auf seine Gefährtin und in ihr für alle Frauen: den Ratschluss Gottes, der sich deutlich im klaren Spiegel des Geistes Adams widerspiegelte und im Gedanken und Wort aufblühte: ‚Der Mann verläßt seinen Vater und seine Mutter und vereinigt sich mit seiner Gattin, und die beiden werden nur ein Fleisch sein.‘

Wenn nicht die drei Säulen der genannten Arten der Liebe wären, gäbe es eine Nächstenliebe? Nein! Es könnte keine geben. Die Liebe zu Gott macht Gott zum Freund und lehrt die Liebe. Wer Gott nicht liebt, der gut ist, kann seinen Nächsten nicht lieben, der meist fehlerhaft ist. Wenn es keine Gatten- und Elternliebe auf der Welt gäbe, dann gäbe es keinen Nächsten, denn der Nächste ist das Kind, das von den Menschen geboren wird. Bist du nun überzeugt?“

„Ja, Meister. Ich hatte nicht darüber nachgedacht.“

„Es ist nicht einfach, zu den Quellen vorzudringen. Der Mensch ist seit Jahrtausenden im Schlamm eingesunken, und diese Quellen entspringen nur in den Höhen! Die erste Quelle entspringt auf einem Abgrund von Höhe: Gott! Ich aber will euch an der Hand nehmen und zu den Quellen geleiten. Ich weiß, wo sie sind…“

„Und die anderen Liebesarten?“ fragen Simon der Zelote und der Mann aus Endor gleichzeitig.

„Die erste der zweiten Reihe ist die Nächstenliebe. In Wirklichkeit handelt es sich um die Liebe vierten Grades. Dann kommt die Liebe zur Wissenschaft, und darauf die Liebe zur Arbeit.“

„Sind das alle?“

„Das sind alle.“

„Aber es gibt noch viele andere Arten der Liebe“, ruft Iskariot aus.

„Nein, es gibt andere Gelüste. Das sind keine Liebesarten. Sie sind gegen die Liebe. Sie leugnen Gott, sie leugnen den Menschen. Es kann sich also nicht um Liebe handeln, denn sie sind ihr Gegenteil, also Hass.“ (…)

Auszug aus “Der Gottmensch“, Bd. IV von Maria Valtorta. Veröffentlicht mit der Genehmigung des Herausgebers Centro Editoriale Valtortiano srl. Isola del Liri (FR), www.mariavaltorta.com, dem die Rechte für die Werke Maria Valtortas gehören. Um die Bücher Maria Valtortas in deutscher Sprache zu erwerben bitte wenden an den Parvis-Verlag, 1648 Hauteville, Schweiz: book@parvis.ch, www.parvis.ch

Jesus spricht zu den Aposteln über die verschiedenen Arten der Liebe (1)

10/01/2012

„Was willst du sagen, Meister, wenn du von Liebe zweiten Grades sprichst?“ fragt Judas Thaddäus.

„Mein Freund, es gibt Liebe verschiedener Art. Ersten Grades ist jene, die man Gott schenkt. Die Liebe zweiten Grades ist die mütterliche oder väterliche Liebe. Denn wenn die erste Liebe ganz geistig ist, so ist die zweite zu zwei Drittel geistig und zu einem Drittel fleischlich. Hier mischt sich das menschliche Gefühl bei, aber es herrscht das höhere vor; denn eine Mutter und ein Vater, die gesund und heiligmäßig leben, beschränken sich nicht darauf, den Körper des Kindes zu ernähren und zu liebkosen, sondern geben auch dem Geist und der Seele ihres Geschöpfes Nahrung und Liebe. Es ist wahr, wenn ich sage, dass wer sich den Kindern widmet, wenn auch nur um sie zu unterrichten, sie schliesslich liebt wie sein eigenes Fleisch.“

„Ich habe meine Schüler sehr geliebt“, sagt Johannes von Endor.

„Ich habe verstanden, dass du ein sehr guter Lehrer gewesen bist, als ich beobachtete, wie du mit Jabe umgehst.“

Der Mann von Endor neigt sich und küsst die Hand Jesu, ohne zu antworten.

„Fahre fort, ich bitte dich, mit der Klassifizierung der Liebe“, bittet der Zelote.

„Es gibt die Gattenliebe, die Liebe dritten Grades; sie ist zur Hälfte – ich spreche immer von einer gesunden, heiligen Liebe – geistig und zur anderen Hälfte körperlich. Der Mann ist für seine Frau außer dem Gatten ein Lehrer und ein Vater; und die Frau ist für den Mann außer der Gattin ein Engel und eine Mutter. Dies sind die drei Arten der höheren Liebe.“

„Und die Nächstenliebe? Irrst du dich nicht? Oder hast du dies vergessen?“ fragt Iskariot. Die anderen blicken ihn erstaunt und entsetzt ob dieser Bemerkung an.

Aber Jesus antwortet ruhig: „Nein, Judas! Aber schau, Gott wird geliebt, weil er Gott ist, und keine Erklärung ist nötig, um von der Notwendigkeit dieser Liebe zu überzeugen. Gott ist, der ist, also alles; und der Mensch ist das Nichts, das Anteil an dem „alles“ hat durch die vom Ewigen eingegossene Seele, ohne welche der Mensch eines der vielen unvernünftigen Tiere wäre, die auf der Erde, im Wasser oder in der Luft leben. Und der Mensch muss Gott anbeten, um zu verdienen, in dem „alles“ zu überleben; das heisst verdienen, Teil des heiligen Volkes Gottes im Himmel zu werden, Bürger des Jerusalem, das in alle Ewigkeit keine Schändung und Zerstörung kennen wird.“

weiter zu Teil 2

Auszug aus “Der Gottmensch“, Bd. IV von Maria Valtorta. Veröffentlicht mit der Genehmigung des Herausgebers Centro Editoriale Valtortiano srl. Isola del Liri (FR), www.mariavaltorta.com, dem die Rechte für die Werke Maria Valtortas gehören. Um die Bücher Maria Valtortas in deutscher Sprache zu erwerben bitte wenden an den Parvis-Verlag, 1648 Hauteville, Schweiz: book@parvis.ch, www.parvis.ch

„Wenn ihr Buße tut…“

22/03/2011

26. Juli [1944]

Jesus sagt:

„… Und die Abtötung? Ach! sie soll rein sein. Wie viele unnütze Abtötungen praktiziert ihr! Unnütze und sündige! Warum? Weil sie unrein sind. Unrein sind die vom Verlangen nach Lob und Lieblosigkeit befleckten. Gut sein, um gelobt zu werden, eine Buße üben, um aufzufallen, sich überwinden, eine bestimmte Frucht nicht zu essen, damit die Welt das bewundere, dann aber nicht geduldig, demütig und barmherzig zu sein, ist wirklich unnütz.

Was soll Ich denn mit dem Opfer eures Verzichts auf eine Frucht anfangen, wenn ihr euch für diesen Verzicht rächt, um einen eurer Brüder mit giftigen Worten zu beißen. Was soll Ich mit einer eurer Bußübungen anfangen, wenn ihr dann nicht einmal das, was das Leben euch bringt, zu ertragen wisst? Welch ein Verdienst ist es, außer dem Haus gut zu sein, aber bei euch daheim giftige Vipern? Welch ein Verdienst ist es, einen Bußgürtel zu tragen, wenn ihr nicht den Bußgürtel meines göttlichen Willens schweigend zu tragen versteht?

El Greco: büßende Maria Magdalena

Denkt an das, was Ich gesagt habe: „Wenn ihr Buße tut, salbt euer Haupt und wascht euer Gesicht“. (1) In den törichten Augen der Welt dürft ihr ruhig als nicht abgetötet erscheinen. Es genügt, wenn ihr kein Ärgernis erregt, denn das Ärgernis ist immer schlecht. Wenn ihr hingegen als gewöhnliche Sterbliche erscheint und deshalb nur Gleichgültigkeit und kein Lob erntet, euch aber insgeheim aus Liebe zu Gott und zu den Nächsten verzehrt, wird euer Verdienst in den Augen Gottes groß sein.

Und wenn ihr euch keine Bußen aufzuerlegen wisst, ach! dann nehmt die an, die das Leben euch auferlegt. Es gibt so viele! Nehmt sie an mit den Worten: „Wenn diese Mühsal von Gott kommt, dann geschehe, Herr, Dein Wille; wenn sie von einem böswilligen Bruder kommt, dann opfere ich sie Dir auf, himmlischer Vater, damit Du ihm verzeihst und ihn rettest“.

So sollt ihr es halten, Geliebte. Und alles in euch soll rein sein. Dann besitzt ihr die Reinheit des Herzens. Aber in einem reinen Herzen schlägt Gott Seinen Thron auf.

Geht nun hin in Frieden. Schreite in Meinem Frieden auf dem Weg der Herzensreinheit voran, und denke daran, dass die Herzensreinen Gott genießen werden. (2)“

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(1) Vgl. Mt 6,17.

(2) Vgl. Mt 5, 8.

Auszug aus “Die Hefte 1944″ von Maria Valtorta. Veröffentlicht mit der Genehmigung des Herausgebers Centro Editoriale Valtortiano srl. Isola del Liri (FR), www.mariavaltorta.com, dem die Rechte für die Werke Maria Valtortas gehören. Um die Bücher Maria Valtortas in deutscher Sprache zu erwerben bitte wenden an den Parvis-Verlag, 1648 Hauteville, Schweiz: book@parvis.ch, www.parvis.ch


„Lasst keinen Zorn in euch aufkommen“

13/02/2011
(zum Sonntags-Evangelium vom 13. Februar 2011: Matthäus 5,17-37)

„(…) So gross ist das Gebot der Nächstenliebe, die Vervollkommnung des Gebotes der Nächstenliebe, dass ich nicht mehr sage, wie euch geboten wurde: „Ihr sollt nicht töten“, denn wer tötet, wird durch die Menschen verurteilt werden. Ich sage euch vielmehr: „Lasst keinen Zorn in euch aufkommen“, denn ein weit höheres Gericht steht über euch und erwägt auch die verborgenen Taten. Wer den Bruder beleidigt, wird vom Hohen Rat verurteilt. Vergebens ist es, am Altar zu opfern, wenn man nicht vorher im Inneren seines Herzens aus Liebe zu Gott seinen Groll zum Opfer gebracht und den heiligsten Akt des Verzeihens vollzogen hat.

Wenn du also Gott ein Opfer darbringen willst, und dich erinnerst, dass du gegen deinen Bruder gefehlt hast oder dass du ihm wegen einer Schuld seinerseits grollst, dann lasse deine Gabe vor dem Altar, opfere zuerst deine Eigenliebe und versöhne dich mit deinem Bruder. Dann komm zum Altar, und dann, erst dann, wird dein Opfer heilig sein. Ein gutes Einvernehmen ist immer die beste Lösung. Fragwürdig ist immer das Urteil des Menschen, und wer hartnäckig einen Rechtstreit herausfordert, könnte den Prozess verlieren und dem Gegner alles bis zum letzten Heller bezahlen oder im Gefängnis schmachten müssen.

Rubens: Versöhnung von Jakob und Esau

Erhebt in allen Dingen den Blick zum Himmel. Fragt euch: „Habe ich das Recht zu tun, was Gott nicht mit mir tut?“ Denn Gott ist nicht so unerbittlich und unnachgiebig, wie ihr es seid. Wehe euch, wenn er es wäre! Kein einziger würde gerettet werden. Diese Überlegung führe euch zu sanftmütigen, demütigen, barmherzigen Gefühlen. So wird die Vergeltung Gottes hier auf Erden und im Himmel nicht ausbleiben.

Hier vor mir steht ein Mann, der mich haßt und es nicht wagt, zu sagen: „Heile mich“; denn er weiß, dass ich seine Gedanken kenne. Doch ich sage: „Es geschehe dir nach deinem Wunsche. Und wie dir die Schuppen von den Augen fallen, so mögen auch Rachsucht und Finsternis aus deinem Herzen weichen.“

Geht alle mit meinem Frieden! Morgen werde ich wieder zu euch sprechen.“

Die Menschenmenge zerstreut sich langsam, vielleicht in Erwartung eines Freudenschreis über ein Wunder, der aber ausbleibt.

Auch die Apostel und die älteren Jünger, die auf dem Berge bleiben, fragen: „Wen hast du gemeint? Ist er vielleicht nicht geheilt worden?“ Sie bedrängen den Meister, der mit verschränkten Armen stehengeblieben ist und den Leuten nachsieht, die hinuntersteigen.

Jesus antwortet zuerst nicht. Dann sagt er: „Die Augen sind geheilt, die Seele nicht, es ist nicht möglich, weil sie voller Haß ist.“

„Aber um wen handelt es sich? Vielleicht um den Römer?“

„Nein, um einen Unglücklichen.“

„Aber warum hast du ihn denn geheilt?“ fragt Petrus.

„Sollte ich alle seinesgleichen vom Blitz treffen lassen?“

„Herr, ich weiss, dass du nicht willst, dass ich „Ja“ sage, und darum sage ich es nicht, aber… ich denke es… und das ist dasselbe.“

„Es ist dasselbe, Simon des Jonas, aber wisse, dass dann… Oh, wie viele Herzen, mit Schuppen des Hasses bedeckt, umgeben mich!

Komm, lass uns auf den Gipfel steigen, um aus der Höhe unser schönes galiläisches Meer zu bewundern. Ich und du allein…“

Auszug aus “Der Gottmensch”, Band III von Maria Valtorta. Veröffentlicht mit der Genehmigung des Herausgebers Centro Editoriale Valtortiano srl. Isola del Liri (FR), www.mariavaltorta.com, dem die Rechte für die Werke Maria Valtortas gehören. Um die Bücher Maria Valtortas in deutscher Sprache zu erwerben bitte wenden an den Parvis-Verlag, 1648 Hauteville, Schweiz: book@parvis.ch, www.parvis.ch


„Ihr seid das Licht der Welt“

05/02/2011
(zum Sonntags-Evangelium vom 6. Februar 2011: Matthäus 5,13-16)

„(…) Ebenso habe ich euch gesagt, dass ihr ein Licht seid. Wenn jemand am Abend in einem Haus eine Lampe anzündet, wohin stellt er sie? In das Loch unter dem Herd? In die Höhle, die ihm als Keller dient? In eine geschlossene Truhe? Oder verbirgt man ihr Leuchten, indem man sie unter den Scheffel stellt? Nein, denn dann wäre es sinnlos, das Licht anzuzünden. Vielmehr stellt man das Licht auf eine Konsole oder auf einen Leuchter, so dass es von der Höhe herab den ganzen Raum erhellt und alle Bewohner in sein Licht taucht. Doch gerade weil das, was hoch steht, die Aufgabe hat, zu leuchten und an Gott zu erinnern, muss es seiner Aufgabe gewachsen sein.

Ihr habt die Aufgabe, an den wahren Gott zu erinnern. Handelt also so, dass in euch nicht das siebenfache Heidentum sei, sonst würdet ihr sein wie die Stätten der Götzendiener mit ihren Hainen, die diesem oder jenem Gott geweiht sind, und mit eurem Heidentum würdet ihr jene verführen, die in euch Tempel Gottes sehen. Ihr müsst das Licht Gottes in euch tragen. Ein schmutziger Docht, oder ein Docht ohne Öl, qualmt und gibt kein Licht, er stinkt und leuchtet nicht. Eine Flamme hinter einem schmutzigen Kristall verbreitet nicht die frohe Helligkeit, nicht das leuchtende Spiel des Lichtes, das aus einem klaren Glas erstrahlen kann. Sie flimmert nur schwach durch den schwarzen Rauchschleier, der den funkelnden Schutz trübt.

Das Licht Gottes erstrahlt dort, wo man willig und eifrig darum bemüht ist, es von den Schlacken zu reinigen, die sich aus dem Wirken des Menschen ergeben: aus seinen Kontakten, Reaktionen und Enttäuschungen. Das Licht Gottes erstrahlt dort, wo der Docht in reichlich Öl des Gebetslebens und der Nächstenliebe getaucht ist. Das Licht Gottes leuchtet mit so unendlich vielen Strahlen, wie es Vollkommenheiten Gottes gibt, von denen jede einzelne im heiligmässigen Menschen eine heldenhaft ausgeübte Tugend erweckt, wenn der Diener Gottes den Kristall seiner Seele rein bewahrt und dem qualmenden Rauch der bösen Leidenschaften zu widerstehen vermag.

Unanfechtbar soll der Kristall eurer Seele sein! Unanfechtbar! (Die donnernde Stimme Jesu wiederhallt dröhnend in diesem natürlichen Amphitheater.) Nur Gott allein hat das Recht und die Macht, diesen Kristall zu ritzen und mit dem Diamanten seines Willens seinen heiligsten Namen darin einzugraben. Dann wird dieser Name zur Zierde und lässt ein Feuer übernatürlicher Schönheiten von unendlicher Vielfalt auf diesem reinsten Quarz erstrahlen. (…)“

Auszug aus “Der Gottmensch″ Band III von Maria Valtorta. Veröffentlicht mit der Genehmigung des Herausgebers Centro Editoriale Valtortiano srl. Isola del Liri (FR), www.mariavaltorta.com, dem die Rechte für die Werke Maria Valtortas gehören. Um die Bücher Maria Valtortas in deutscher Sprache zu erwerben bitte wenden an den Parvis-Verlag, 1648 Hauteville, Schweiz: book@parvis.ch, www.parvis.ch

„Ich kam als Licht der Welt“

„Wehe den Hirten, die sich selbst weiden“

„Liebt einander, wie ich euch geliebt habe“

01/05/2010

(zum Sonntags-Evangelium vom 2. Mai 2010: Joh 13,31-33.34-35.)

„… Meine Kinder, nur noch eine kleine Weile bin ich bei euch. Dann werdet ihr mich suchen, wie Waisen ihren toten Vater suchen. Weinend werdet ihr umherirren und von ihm sprechen, und vergeblich werdet ihr an das stumme Grab pochen und dann an die blauen Pforten des Himmels und bittend eure Seelen erheben auf der Suche nach Liebe und sagen: „Wo ist unser Jesus? Wir wollen ihn bei uns haben. Ohne ihn ist kein Licht mehr in der Welt, keine Freude, keine Liebe! Oh, gebt ihn uns wieder oder laßt uns hinein. Wir wollen sein, wo er ist.“ Aber vorerst könnt ihr nicht kommen, wohin ich gehe. Ich habe es auch zu den Juden gesagt: „Dann werdet ihr mich suchen, aber wo ich hingehe, dorthin könnt ihr mir nicht folgen.“ Ich sage es auch zu euch.

Denkt an die Mutter… Selbst sie kann nicht kommen, wohin ich gehe. Und doch habe ich den Vater verlassen, um zu ihr zu kommen und in ihrem unbefleckten Schoß Jesus zu werden. Und doch bin ich aus der Unversehrten gekommen, in der strahlenden Ekstase meiner Geburt. Von ihrer zu Milch gewordenen Liebe habe ich mich ernährt. Ich bin aus Reinheit und Liebe hervorgegangen, denn Maria hat mich genährt mit ihrer von der vollkommenen Liebe, die im Himmel lebt, befruchteten Jungfräulichkeit. Durch sie bin ich herangewachsen und habe sie Mühen und Tränen gekostet… Und doch verlange ich einen nie erreichten Heroismus von ihr, im Vergleich zu dem Judith und Jael nur die Heldentaten armer Frauen, die einer Rivalin am Dorfbrunnen entgegentreten, vollbracht haben. Und doch liebt mich niemand wie sie. Und trotzdem verlasse ich sie und gehe dorthin, wohin sie erst nach langer Zeit kommen kann. Das Gebot, das ich euch gebe, gilt nicht für sie: „Heiligt euch Jahr für Jahr, Monat für Monat, Tag für Tag, Stunde um Stunde, damit ihr zu mir kommen könnt, wenn eure Stunde schlägt.“ In ihr ist alle Gnade und Heiligkeit. Sie ist das Geschöpf das alles erhalten und alles gegeben hat. Nichts ist hinzuzufügen oder wegzunehmen. Sie ist der heiligste Beweis dessen, was Gott kann.


Aber um sicher zu sein, daß ihr fähig sein werdet, zu mir zu kommen und den Schmerz und die Trauer der Trennung von eurem Jesus zu überwinden, gebe ich euch ein neues Gebot. Es ist das Gebot, daß ihr einander lieben sollt. Liebt einander, wie ich euch geliebt habe. Daran wird man erkennen, daß ihr meine Jünger seid. Wenn ein Vater viele Söhne hat, woran erkennt man diese? Nicht so sehr am Aussehen – denn es gibt Menschen, die anderen gleichen und doch nicht zur gleichen Familie und nicht einmal zum gleichen Volk gehören – als vielmehr an der gemeinsamen Liebe zur Familie, zu ihrem Vater und zueinander. Und auch nach dem Tod des Vaters löst sich die gute Familie nicht auf; denn alle sind eines Blutes und in allen fließt das Blut des Vaters und schafft Bindungen, die nicht einmal der Tod löst.; denn die Liebe ist stärker als der Tod. Wenn ihr einander nun liebt, auch nachdem ich euch verlassen habe, werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid, und untereinander Brüder, da ihr nur einen Vater habt.“

„Herr, Jesus, aber wohin gehst du denn?“ fragt Petrus.

Auszug aus “Der Gottmensch”, Bd. XI von Maria Valtorta. Veröffentlicht mit der Genehmigung des Herausgebers Centro Editoriale Valtortiano srl. Isola del Liri (FR), www.mariavaltorta.com, dem die Rechte für die Werke Maria Valtortas gehören. Um die Bücher Maria Valtortas in deutscher Sprache zu erwerben bitte wenden an den Parvis-Verlag, 1648 Hauteville, Schweiz: book@parvis.ch, www.parvis.ch

 

Das Scherflein der Witwe

07/11/2009

zum Sonntags-Evangelium vom 8. November 09: Mk 12, 38-44:

Zuerst sehe ich nur Säulengänge und Vorhöfe, die ich als zum Tempel gehörig erkenne, und Jesus, der einem Herrscher gleicht – so feierlich ist er in seinem leuchtend roten Gewand und dem etwas dunkleren Mante l- und an einer riesigen viereckigen Säule lehnt, die einen Bogen der Säulengänge stützt.

Er schaut mich fest an. Ich verliere mich in seiner Betrachtung und beselige mich an seinem Anblick, da ich ihn seit zwei Tagen nicht gesehen und gehört habe. Diese Vision dauert lange. Und solange sie dauert, schreibe ich nicht, denn sie erfüllt mich mit Freude. Aber nun, da die Szene sich belebt, verstehe ich, dass etwas geschieht, und schreibe.

Der Platz füllt sich mit Menschen, die aus allen Richtungen kommen. Es sind Priester und Gläubige, Männer, Frauen und Kinder. Die einen gehen spazieren, andere bleiben stehen, um den Lehrern zuzuhören, wieder andere ziehen Lämmer hinter sich her oder tragen Tauben irgendwohin, vielleicht Opfertiere.

Jesus steht an seiner Säule gelehnt und schaut. Er sagt nichts. Zweimal schon hat er auf Fragen seiner Apostel nur mit einem Kopfschütteln geantwortet, ohne ein Wort zu sagen. Er beobachtet sehr aufmerksam. Aus seinem Ausdruck schließe ich, dass er ein Urteil fällt über das, was er sieht. Seine Augen und sein Antlitz erinnern mich an die Vision des Paradieses, als er beim besonderen Gericht die Seelen richtete. Nun ist er natürlich Jesus, der Mensch; dort oben war er der verherrlichte Jesus und deshalb noch beeindruckender. Aber der Gesichtsausdruck ist ähnlich. Er ist ernst, prüfend, manchmal so streng, dass auch der Frechste erzittern muss, und manchmal so sanft, von einer lächelnden Traurigkeit, die mit Blicken zu liebkosen scheint.

Anscheinend hört er nichts. Aber er muss wohl alles genau hören, denn als sich aus einer Gruppe, die einige Meter entfernt um einen Lehrer versammelt ist, eine näselnde Stimme erhebt und erklärt: „Wichtiger als jedes andere Gebot ist dieses: Was für den Tempel ist, soll dem Tempel gegeben werden. Der Tempel steht über dem Vater und der Mutter, und wenn jemand dem Herrn zu Ehren alles geben will, was er übrig hat, so soll er es tun, und er wird gesegnet sein, denn kein Blut und keine Liebe steht über dem Tempel.‘, da wendet Jesus sein Haupt in diese Richtung und schaut mit einem Blick… den ich nicht auf mich gerichtet sehen wollte.

Er scheint jetzt nur allgemein umherzuschauen. Doch als ein zitternder Greis sich bemüht, die fünf Stufen zu einer Art Terrasse hinaufzusteigen, die sich in der Nähe Jesu befindet und wohl zu einem anderen, weiter innen liegenden Vorhof führt, und beim Aufsetzen des Stockes, der sich in den Kleidern verfängt, beinahe fällt, streckt Jesus seinen Arm aus und fängt ihn auf. Er stützt ihn und lässt ihn nicht los, bis er wieder sicher auf den Beinen steht. Das alte Männchen erhebt sein graues Haupt, sieht seinen hochgewachsenen Retter an und flüstert ein Wort des Segens. Jesus lächelt ihm zu und liebkost seinen halbkahlen Kopf. Dann lehnt er sich wieder an seine Säule, verlässt sie aber noch einmal, um ein Kind aufzurichten, das sich von der Hand der Mutter losgemacht hat, gerade vor seinen Füßen gegen die erste Stufe gefallen ist und weint. Er hebt es auf, liebkost es, tröstet es. Die verwirrte Mutter dankt ihm, und Jesus lächelt auch ihr zu und gibt ihr das Kind zurück.

Aber er lächelt nicht mehr, als ein aufgeblasener Pharisäer vorübergeht, und auch nicht, als eine Gruppe von Schriftgelehrten und anderen Männern – ich weiss nicht, wer sie sind – vorbeikommt. Diese Gruppe grüßt ihn mit großen Gesten und tiefen Verbeugungen. Jesus schaut sie so fest an, als wolle er sie mit seinem Blick durchbohren, und grüßt sie trocken. Er ist streng. Auch einen Priester, der vorbeikommt und ein hohes Tier sein muss, da die Leute den Weg freigeben und ihn grüßen, während er selbst wie ein Pfau vorbeistolziert, sieht Jesus lange an. Mit einem Blick, der diesen trotz seines Hochmuts den Kopf senken lässt. Er grüßt nicht. Aber er kann dem Blick Jesu nicht standhalten.


Jesus wendet die Augen von ihm ab und beobachtet ein armes, dunkelbraun gekleidetes Frauchen, das verschämt die Stufen hinaufsteigt zu einer Wand, an der sich etwas wie ein Löwen- oder ähnliche Tierköpfe mit offenen Mäulern befinden. Viele gehen dorthin. Doch Jesus scheint bisher nicht darauf geachtet zu haben. Nun blickt er aufmerksam diesem Weiblein nach. Sein Auge drückt Mitleid aus und wird liebevoll, als er sieht, wie die Frau eine Hand ausstreckt, um etwas in das steinerne Maul eines dieser Löwen zu werfen. Als die Frau zurückkommt und nahe an ihm vorbeigeht, sagt er: „Der Friede sei mit dir, Frau.“

Diese hebt erstaunt den Kopf und ist sprachlos.

„Der Friede sei mit dir“, wiederholt Jesus. „Geh, der Allerhöchste segnet dich.“ Die arme Frau kann es gar nicht fassen. Dann flüstert sie einen Gruß und geht.

„Sie ist glücklich in ihrem Unglück“, sagt Jesus und bricht endlich sein Schweigen. „Nun ist sie glücklich, denn der Segen Gottes begleitet sie. Hört, Freunde, und ihr, die ihr mich umgebt. Seht ihr diese Frau? Sie hat nur zwei kleine Münzen gegeben, nicht einmal genug, um dafür Futter für einen Sperling im Käfig zu kaufen, und doch hat sie mehr gegeben als alle anderen, die ihren Beitrag in den Tempelschatz geworfen haben, seit der Tempel bei Sonnenaufgang geöffnet wurde.

Hört. Ich habe eine große Anzahl reicher Leute beobachtet, die in die Mäuler dort Geldmengen geworfen haben, die ausreichen würden, diese Arme ein Jahr lang zu ernähren und ihre Armut zu kleiden, die nur deshalb anständig aussieht, weil sie sauber ist. Ich habe gesehen, wie Reiche mit sichtlicher Genugtuung Summen dort hineingelegt haben, die ausgereicht hätten, die Armen der Heiligen Stadt einen oder mehrere Tage satt zu machen und Gott preisen zu lassen. Aber wahrlich, ich sage euch, niemand hat mehr gegeben als sie. Ihr Almosen ist Liebe, das der anderen nicht. Ihres ist Großmut, das der anderen nicht. Ihres ist Opfer, das der anderen nicht. Heute wird die Frau nichts essen, denn sie hat nichts mehr. Sie muss erst wieder um Lohn arbeiten, um ihren Hunger mit Brot stillen zu können. Sie hat keine Reichtümer und sie hat keine Verwandten, die für sie verdienen. Sie ist allein. Gott hat ihr die Eltern, den Mann und die Kinder genommen, er  hat ihr das wenige genommen, was diese ihr hinterlassen hatten, und mehr als Gott haben es ihr die Menschen genommen; diese Menschen, die nun, ihr seht es, weiterhin mit großmütiger Geste von ihrem Überfluss dort hineinwerfen, den sie zu einem guten Teil durch Wucher den armen Händen der Schwachen und Hungernden entrissen haben.  Sie sagen, es gibt kein Blut und keine Liebe, die höher stehen als der Tempel, und so lehren sie, den Nächsten nicht zu lieben.

Ich sage euch, über dem Tempel steht die Liebe. Das Gesetz Gottes ist die Liebe, und wer kein Mitleid mit dem Nächsten hat, liebt nicht. Das überflüssige Geld, das von Wucher, Habgier, Härte und Heuchelei beschmutzte Geld singt nicht das Lob des Herrn und zieht auf seinen Spender den himmlischen Segen nicht herab. Gott lehnt es ab. Es füllt diese Kasse. Aber es taugt nicht für den Weihrauch. Es ist Schlamm, in dem ihr versinkt, ihr Diener, die ihr nicht Gott, sondern den eigenen Interessen dient. Es ist ein Strick, der euch erdrosselt, ihr Lehrer, die ihr eure eigene Lehre lehrt. Es ist Gift, das euch den Rest der Seele verdirbt, ihr Pharisäer, der euch noch verblieben ist. Gott will nicht, was mit tränenerstickter Stimme schreit: „Ich hätte einen Hungernden sättigen sollen, aber man hat mich ihm verweigert, um hier zu prahlen. Ich hätte einem alten Vater, einer hinfälligen Mutter helfen sollen, und man hat es nicht gestattet, da diese Hilfe vor der Welt verborgen geblieben wäre. Ich muss meine Glocke ertönen lassen, damit die Welt den Geber erkennt.“

Nein, Rabbi, der du lehrst, dass der Überfluss Gott gegeben werden soll, und dass es erlaubt ist, dem Vater oder der Mutter etwas vorzuenthalten, um es Gott zu geben. Das erste Gebot ist: „Liebe Gott mit deinem ganzen Herzen, deiner ganzen Seele, deinem ganzen Verstand und deinen ganzen Kräften.“ Daher muss man ihm nicht den Überfluss, sondern das eigene Blut geben, und man soll es lieben, für ihn zu leiden. Leiden. Nicht leiden machen. Und wenn es schwerfällt, viel zu geben, weil man sich nicht gerne von seinem Reichtum trennt, weil die Schätze der Mittelpunkt des von Natur aus verderbten Menschenherzens sind, dann muss man sich von ihnen trennen, gerade weil es schwerfällt. Aus Gerechtigkeit: denn alles, was man besitzt, besitzt man durch die Güte Gottes. Aus Liebe: denn es ist ein Beweis der Liebe, das Opfer zu lieben, um dem Freude zu schenken, den man liebt. Man soll leiden, um schenken zu können. Aber selbst leiden! Nicht leiden machen, ich wiederhole es. Denn das zweite Gebot heisst: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Das Gesetz erklärt, dass nach Gott die Eltern die Nächsten sind, denen man verpflichtet ist, Ehre und Hilfe zu erweisen.

Daher sage ich euch, diese arme Frau hat das Gesetz wahrhaft besser verstanden als die Weisen und ist mehr als alle anderen gerechtfertigt und gesegnet; denn in ihrer Armut hat sie Gott alles gegeben, während ihr gebt, was übrig bleibt, und es nur gebt, um in der Achtung der Menschen zu steigen. Ich weiss, dass ihr mich hasst, weil ich so spreche. Aber solange dieser Mund sprechen kann, wird er solche Worte sprechen. Vereinigt euren Hass auf mich mit der Verachtung für die Arme, die ich lobe. Aber glaubt nicht, dass ihr aus diesen beiden Steinen ein doppeltes Postament für euren Hochmut errichten könnt. Sie werden die Mühlsteine sein, die euch zermalmen.

Gehen wir. Lassen wir die Vipern einander beissen, um ihr Gift zu vermehren. Wer rein, gut, demütig und zerknirscht ist und das wahre Antlitz Gottes kennenlernen will, soll mir folgen.“

Auszug aus “Der Gottmensch″, Band XI  von Maria Valtorta, mit  der Genehmigung des Herausgebers Centro Editoriale Valtortiano srl. Isola del Liri (FR), www.mariavaltorta.com, dem die Rechte für die Werke Maria Valtortas gehören.